Im Gespräch mit dem Klinikum Siegen: „Wir brauchen eine Einkaufsgemeinschaft mit Champions-League-Kompetenz“
Prospitalia im Gespräch mit Ingo Fölsing, Geschäftsführer, und Sebastian Jenne, Einkaufsleiter des Klinikums Siegen – über die Beweggründe für die Partnerschaft, digitale Meilensteine im Einkaufsprozess und gemeinsame Zukunftsprojekte.
(v.l.n.r.) Niklas Fellmann, Ingo Fölsing, Mario Sertzoglou, Sebastian Jenne
Prospitalia: Herr Fölsing, warum hat sich das Klinikum Siegen für die Ausschreibung einer neuen Einkaufsgemeinschaft entschieden?
Fölsing: Wir befinden uns derzeit in einem stark disruptiven Marktumfeld. Mit den Feststellungsbescheiden des Landes Nordrhein-Westfalen wurden uns die künftigen Leistungsgruppen zugewiesen, wodurch eine strategische Neuausrichtung unserer medizinischen Versorgungsbereiche erforderlich wird. Ein solcher Wandel betrifft weit mehr als die medizinische Seite – er erfordert auch im Einkauf klare Strukturen, effiziente Prozesse und starke Partnerschaften.
Für uns ist der Einkauf eine strategische Führungsaufgabe und gehört aus meiner Sicht auf die Agenda der Geschäftsführung. Wer zukunftsfähig bleiben will, muss sich aktiv kümmern. Deshalb war unser Anspruch klar: Wir wollten einen Partner mit echter „Champions-League-Kompetenz“.
Herr Jenne, welche Kriterien waren für Sie bei der Vergabe entscheidend – und was hat den Ausschlag zugunsten von Prospitalia gegeben?
Jenne: Uns war wichtig, dass die neue Einkaufsgemeinschaft nicht nur attraktive Konditionen bietet, sondern auch inhaltlich zu unserer Struktur passt: mit klaren Prozessen, regulatorischem Know-how und einem professionellen digitalen Setup.
Diese Anforderungen haben wir in einem detaillierten Leistungsverzeichnis definiert – darunter Punkte wie Wirtschaftlichkeit, Unterstützung im Portfoliomanagement, rechtssichere Ausschreibungen oder die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Auch die Lieferantenbewertung war Teil davon, da sie für unsere QM-Zertifizierung notwendig ist. Diese lässt sich nun über Prospitalia effizient abbilden.
Die anschließende Bewertung erfolgte auf Basis einer klar definierten Matrix – und Prospitalia konnte im Gesamtvergleich am meisten überzeugen. Besonders wichtig war uns, dass der Prozess im Team getragen wurde: Unsere Einkaufsmitarbeitenden waren bei einigen Terminen mit Prospitalia dabei und aktiv in die finale Bewertung eingebunden. Das hat die Entscheidung gestärkt und die interne Akzeptanz deutlich erhöht.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit bisher?
Jenne: Sehr partnerschaftlich. Die Kommunikation ist transparent, das Team kompetent und zuverlässig. Unsere Anliegen wurden jederzeit ernst genommen, und dank der kontinuierlichen Betreuung durch das Key Account Management hatten wir nie das Gefühl allein im Prozess zu sein.
Fölsing: Ich habe das Team von Prospitalia als hochkompetent, offen und lösungsorientiert erlebt. Die technische Kompetenz, insbesondere im IT-Bereich, hat mich beeindruckt. Herausforderungen wurden pragmatisch gelöst und schnell adressiert.
Wie bewerten Sie die Betreuung während der Integrationsphase?
Jenne: Sehr professionell. Es gab von Beginn an einen klar strukturierten Zeitplan, regelmäßige Jour-fixe-Termine sowie praxisnahe Schulungen. Auch das begleitende Monitoring ist für uns ein echter Mehrwert. Es zeigt anschaulich, was bereits umgesetzt wurde und wo noch Potenzial liegt – insbesondere auf Geschäftsführungsebene schafft das Transparenz.
Welchen Stellenwert hatte für Sie die IT-Kompetenz Ihrer neuen Einkaufsgemeinschaft?
Fölsing: Einen sehr hohen. Unser Ziel ist es, manuelle Prozesse systematisch in digitale Abläufe zu überführen. Das steigert nicht nur die Effizienz, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, strategische Themen gezielt weiterzuentwickeln. Dafür braucht es verlässliche Systeme und ein datengestütztes Steuerungsinstrument – genau das bietet das Prospitalia Cockpit.
Besonders hilfreich ist das Modul proAnalytics+: Es zeigt mir tagesaktuelle Einkaufskennzahlen auf Knopfdruck. So lassen sich Zielsetzungen datengestützt verfolgen – auch im Dialog mit den Chefärzten.
Jenne: Ein weiterer Vorteil für uns war die Systemoffenheit des Cockpits: Da wir unser Warenwirtschaftssystem neu ausschreiben – und der Ausgang solcher Verfahren nicht steuerbar ist – war die Anschlussfähigkeit an verschiedene IT-Umgebungen ein wichtiger Faktor.
Welche digitalen Fortschritte haben Sie bereits mit Prospitalia realisiert?
Jenne: Ein Meilenstein war die Integration des PSCI-Adapters im März 2025. Seitdem erfolgt der Datenaustausch mit unserem Warenwirtschaftssystem teilautomatisiert – und das aufwendige manuelle Mapping wird stark reduziert. Das spart Zeit, reduziert Fehler und schafft Freiräume für strategische Aufgaben. Auch die Kommunikation mit Lieferanten und Partnern läuft nun verlustfrei über das Cockpit. Verträge und deren Erfüllungsgrad sind jederzeit einsehbar. Zudem bietet das System intelligente Vorschläge für Alternativartikel, wenn Produkte nicht verfügbar sind.
Sie haben auch Ihre Logistikprozesse neu aufgestellt. Wie sieht das konkret aus?
Jenne: Wir arbeiten in einem Dreier-Gespann – gemeinsam mit einem externen Logistikpartner und Prospitalia. Um einen reibungslosen Informationsfluss sicherzustellen, hat der Logistikdienstleister selektive Sichtrechte auf unsere Konditionen erhalten – natürlich unter Einhaltung aller Datenschutz- und Vertraulichkeitsregeln. So lassen sich Informationsverluste vermeiden und Prozesse spürbar beschleunigen.
Welche Rolle spielen Ausschreibungen und Mini-Wettbewerbe in Ihrer Einkaufsstrategie?
Fölsing: Als öffentlicher Träger sind wir ab einem Auftragswert von 221.000 Euro netto zur EU-weiten Ausschreibung verpflichtet. Mit Prospitalia haben wir einen erfahrenen Partner, der uns rechtssicher durch die Vergabeprozesse begleitet.
Jenne: Besonders hilfreich ist, dass wir auf die Rahmenverträge von Prospitalia zugreifen und Vergaben über Mini-Wettbewerbe deutlich schneller umsetzen können. Statt sechs bis neun Monate brauchen wir heute häufig nur noch sechs bis acht Wochen.
Welche nächsten Schritte möchten Sie gemeinsam mit der Prospitalia angehen?
Fölsing: Mit der strategischen Neuausrichtung entsteht nicht nur Raum für moderne Medizin, sondern auch ein erheblicher Investitionsbedarf – von alltäglichen Verbrauchsartikeln bis hin zu Großgeräten. Geplant sind unter anderem neue OP-Säle, der Ausbau von Geriatrie und Psychiatrie sowie die Erweiterung der Radiologie. All das erfordert ein stabiles, digitales und gleichzeitig flexibles Einkaufsfundament – das wir gemeinsam mit Prospitalia gezielt weiterentwickeln wollen.
Wir bedanken uns für den angenehmen Austausch. Im Gespräch wurde eines besonders deutlich: Die neue Partnerschaft beruht nicht nur auf Prozessen und Systemen, sondern auch auf einem gemeinsamen Werteverständnis. Mario Sertzoglou, Vertriebsleiter und Prokurist bei Prospitalia, bringt diesen Aspekt auf den Punkt:
„Mir ist – neben aller fachlichen und strukturellen Substanz – auch eines besonders wichtig: der menschliche Faktor. Und genau dieser war im Klinikum Siegen vom ersten Moment an spürbar. Von Beginn an war für mich deutlich zu erkennen, dass im Klinikum Siegen nicht nur fachliche Exzellenz gelebt wird, sondern auch der menschliche Aspekt einen besonderen Stellenwert einnimmt. Genau das entspricht auch meinem eigenen Selbstverständnis: eine Zusammenarbeit geprägt von Offenheit, Verlässlichkeit und gegenseitigem Respekt.
In einem von zunehmender Komplexität geprägten Umfeld ist es entscheidend, im Zuge des Gewinnungsprozesses keine Luftschlösser zu bauen. Wir haben bewusst Grenzen kommuniziert – was leistbar war, wurde machbar gemacht, und wo die Struktur eines Einkaufsdienstleisters natürlicherweise endet, wurde dies transparent benannt. Hochglanzbroschüren können viele – wir setzen dagegen auf Substanz, Machbarkeit und langfristige Partnerschaft.
Was mich persönlich beeindruckt hat, war das gelebte Engagement im Klinikum: Bereits beim ersten Besuch war spürbar, dass hier Prozesse nicht nur gestaltet, sondern aktiv gelebt werden – von der ersten Orientierung beim Betreten des Klinikums bis hin zu den Verhandlungsgesprächen im Detail.
Und ja – bei aller Ernsthaftigkeit in der Sache: Der Spaßfaktor kam nicht zu kurz. Die Gespräche und das gemeinsame Gestalten – all das war geprägt von einer Leichtigkeit, die in dieser Form selten, aber umso wertvoller ist.
Umso mehr freue ich mich, dass wir mit dem Klinikum Siegen nicht nur ein leistungsstarkes Klinikum gewonnen haben, sondern auch engagierte Mitgestalter, die unser Netzwerk bereichern und mit uns gemeinsam weiterentwickeln.“
Über das Klinikum
Das Klinikum Siegen ist mit rund 2.000 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in der Region Siegen-Wittgenstein. Es befindet sich in kommunaler Trägerschaft des Kreises und ist Akademisches Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg. Im Jahr 2024 wurden dort 22.700 stationäre und 68.000 ambulante Patient:innen behandelt.
Als Grund- und Regelversorger mit über 600 Betten in somatischen und psychiatrischen Bereichen sowie 15 Fachkliniken bietet das Klinikum eine umfassende medizinische Versorgung auf hohem Niveau. Gemeinsam mit dem angeschlossenen MedCenter (MVZ) bildet es den Gesundheitsstandort Weidenau, der ambulante und stationäre Leistungen regional verzahnt.